Von den Schattenseiten des Himmels auf Erden

 

Eines Tages, wir waren gerade zwei Wochen alt geworden, sagte die Menschenfrau zur Mama: "Ich denke, es ist an der Zeit, dass ihr in den Hauptstall umzieht und deine Kinderchen die grosse Familie kennenlernen was hältst du davon, meine Liebe?"

 

Mama war damit einverstanden und so kam es, dass wir endlich unseren Papa und die vielen Tanten kennenlernten.

 

 

Mama erklärte uns, dass die ganze Familie bis vor kurzem noch von früh morgens bis abends im unbegrenzten Freilauf unterwegs sein durfte, die Menschenfrau dies nun aber verbiete, weil Fuchs und Habicht in den vergangenen Wochen viele Tanten und auch den Bruder unseres Papas und nicht zuletzt meine grosse Schwester Funny getötet hatten. Funny war ebenfalls eine Zuckerschnabel gewesen und die Menschenfrau hatte sie sehr geliebt. "Vermutlich", sagte Mama, "ist sie deshalb so vernarrt in dich, weil du Funny Zuckerschnabel ähnlich siehst."

 

 

"Das sind die Schattenseiten unseres Paradieses", sagte Mama, "und vorerst müssen wir mit der Voliere vorliebnehmen. Die Menschenfrau ist aber dabei, ein grosses raubtiersicheres Gehege für uns zu bauen, so dass wir in absehbarer Zeit wieder den vollständigen Himmel auf Erden haben werden."

 

Das Leben in der Voliere war aber auch himmlisch, mir jedenfalls gefiel es sehr. Papa und die Tanten waren sehr nett zu uns, es gab schöne Plätze zum Ruhen, viele Möglichkeiten zum Herumturnen und stets irgendwelche Köstlichkeiten (zusätzlich zum Auswahlfutter, das aus Weizen, Hirse, Futterhanf, geschälten Sonnenblumenkernen, getrockneten Mehlwürmern und Muschelgritt besteht) wie zum Beispiel fermentiertes und/oder gekeimtes Getreide, Obst, Rührei mit Bierhefe, Gemüse, Salat und Kräuter aus dem eigenen Garten oder Grünschnitt von der Ziegenweide und nicht zuletzt meine absoluten Leibspeisen: frische Mehlwürmer, Hackfleisch und Käse!

 

 

Mein Lieblingsplatz war die Schaukel...

 

 

... und es gab immer wieder etwas Neues zu entdecken, so dass mir rein gar nie langweilig wurde und das Leben rundum himmlisch war.

 

 

Kapitel 06